Kennen Sie Ihren Chromosomensatz?

Im Juli 2022 wurde die interessante Studie (Zhao et al.) „Detection and characterization of male sex chromosome abnormalities in the UK Biobank study“ veröffentlicht, welche leider kaum Aufmerksamkeit bekam, obwohl sie in den aktuellen Trans- und Geschlechterdiskursen eine wichtige Erkenntnis brachte:

Es gibt deutlich mehr Menschen, welchen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, sie aber nicht dem Karyotyp 46,XY entsprechen. Das interessante daran ist, dass die „Männer“ nicht wussten, dass sie z.B. zwei X- und kein Y-Chromosom oder sogar ein X- oder Y-Chromosom „zu viel“ haben und gem. „Biologie“ somit intergeschlechtlich sind.

Es wurde festgestellt, dass von den 207.067 Datensätzen europäischer Männer 213 den Karyotyp 47,XXY (Klinefelter Syndrom) haben und nur 49 eine entsprechende Diagnose hatten. Nur einer von 143 hatte eine Diagnose für Karyotyp 47, XYY.
Unter den Daten fanden sich auch vier Personen mit dem Karyotyp 46, XX, die also gem. biologischer Definition genetisch weiblich sind.

Würde man diese Menschen nach den Regeln der Biologie und/oder Medizin betrachten, so sind sie keine Männer, sondern würden unter die Diagnose „Differences of Sex Development“ fallen (siehe Consensus Conference of Chicago 2005) und könnten nach aktuellem Deutschen Personenstandsrecht (§45b PStG) ihren Geschlechtseintrag von „männlich“ in „divers“ oder „weiblich“ ändern.

Auf der nachfolgenden Grafik sieht man die Verteilung der Karyotypen nach 46,XY, 47,XYY, 47,XXY und 48,XXYY.

Die Studie macht deutlich, Geschlecht ist komplex und keinesfalls mit XY = männlich und XX = weiblich ausreichend beschrieben.

Link zur Studie:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1098360022007778